Die flexiblen Instrumente im Klimaschutz erlauben es den Unterzeichnern des Kyoto-Klimaschutzprotokolles ihre Minderungsverpflichtungen auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen zu erfüllen, indem sie in Klimaschutzprojekte im Ausland investieren.
Bislang gibt es dafür zwei Instrumente. Der Clean Development Mechanism (CDM) erlaubt es Industriestaaten in Entwicklungsländern Klimaschutzprojekte zu realisieren, im Rahmen des Joint Implementation (JI) können Industriestaaten in anderen Industriestaaten Klimaschutz betreiben und sich die erzielten Emissionsminderungen auf das eigene Minderungskonto anrechnen.
Deutschland hat so bis 2012 rund 22 Prozent der nationalen Emissionsminderung erfüllt. Die im Ausland erzielten Minderungen an Treibhausgasemissionen sind dann in Form von „Certified Emission Reductions“ (CER) oder „Emission Reduction Unit“ (ERU) handelbar. Diese flexiblen Instrumente sollen dazu beitragen, dass weltweit zunächst die einfach zu erreichenden Klimaschutzpotenziale ausgeschöpft werden und die Kosten für Klimaschutzinvestitionen zu minimieren.

mehr als 50% der registrierten CDM-Projekte werden in China durchgeführt (N. Kreibich, CC BY-SA 3.0)
Doch in der Vergangenheit gab es in erheblichem Umfang Misswirtschaft und Betrug im Rahmen dieser Instrumente. So war der Klimaschutznutzen vieler Projekte höchst zweifelhaft und die Nutzung der flexiblen Instrumente führte teilweise zu keinem zusätzlichen Klimaschutz. Angesichts der zum Teil sogar verheerenden Situation im Zusammenhang viele Projekte mussten die flexiblen Instrumente auf UN-Ebene mehrfach angepasst oder nachgebessert werden. Doch trotz der genannten Schwierigkeiten wurde auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Durban 2011 (COP 17) vereinbart, dass es sogar neue Marktmechanismen (NMM) zur Ergänzung von CDM und JI geben soll. Noch ist weitestgehend unklar, was sich daraus auf dem Weg nach Paris 2015 ergeben wird.
„Wie weiter mit CDM & Co?“, war deshalb das Thema des Fachgespräches, zu dem Annalena Bearbock MdB, Sprecherin für Klimapolitik, und Bärbel Höhn MdB, Vorsitzende des Umweltausschusses, am 3. Juli 2014 nach Berlin eingeladen hatten. Mit Fachleuten sprachen sie über die Chancen und Risiken dieser Konzepte.
Zunächst berichtete Dr. Martin Cames [Präsentation] vom Öko-Institut über den aktuellen Stand der internationalen Verhandlungen und skizzierte die notwendigen Anforderungen für die weitere Entwicklung. Für eine Zukunft der flexiblen Mechanismen muss sichergestellt werden, dass Projekte umweltfreundlich sind, eine doppelte Anrechnung von Emissionsminderungen ausgeschlossen ist. Er betonte, dass für die weitere Entwicklung auch die bisherige Unterscheidung von Industrie- und Entwicklungsländern (die sogenannte firewall) obsolet sein muss.
Anschließend zog Eva Filzmoser [Präsentation] von der NGO Carbon Market Watch aus Brüssel eine kritische Bilanz der bisherigen Entwicklung, die unter anderem zu dem derzeitigen Überschuss von mindestens zwei Milliarden Emissionszertifikaten bis 2020 im europäischen Emissionshandel beigetragen hat. Sie betonte vor allem die Risiken „neuer Marktmechanismen“ und formulierte eine Reihe von Forderungen an die Politik. Ähnlich wie schon zuvor Martin Cames forderte sie die Stilllegung überschüssiger Emissionszertifikate im europäischen Emissionshandel. Weiterhin verwies sie drauf, dass für zukünftige Projekte die Zertifizierungszeiten verkürzt und Projekte ohne zusätzlichen Klimanutzen ausgeschlossen sein müssten. Darüber hinaus verlangte sie die Einrichtung strenger sozialer Kriterien und Schutzmechanismen und vor allen eine Verbesserung der Beteiligungsrechte der lokalen Bevölkerung. Unter diesen Vorrausetzungen sah Eva Filzmoser die Chance, dass flexible Mechanismen zukünftig einen Beirat zur internationalen Klimafinanzierung leisten könnten.
Dr. Silke Karcher Referatsleiterin „Grundsatzfragen Klimapolitik und neue Marktmechanismen“ im Bundesumweltministerium skizzierte abschließend die Position der Bundesregierung, die grundsätzlich an der Möglichkeit zur Nutzung flexibler Mechanismen im internationalen Klimaschutz festhält. Sie betonte in Ihren Ausführungen die positiven Erfahrungen, indem zum Beispiel die flexiblen Klimaschutz-Mechanismen Aktivitäten und Kreativität in Sachen Klimaschutz vor Ort auf den Weg gebracht hätten. Für die weitere Entwicklung mahnte sie an, dass die Nutzung flexibler diser Mechanismen nicht dazu führen dürfe, dass nationale Klimaschutzziele verwässert werden. Sie machte deutlich, dass für Projekte Mindeststandards eingehalten werden müssten. Sie wies weiter darauf hin, dass auch sichergestellt sein müsse, dass bereits bestehende Projekte erfolgreich weitergeführt werden.
In der anschließenden Diskussion mit Bärbel Höhn und Annalena Baerbock wurde deutlich, dass die flexiblen Mechanismen nur dann eine Zukunft haben können, wenn ein klarer Klimanutzen entsteht, soziale Belange berücksichtigt werden, sowie die Umweltverträglichkeit der Projekte sichergestellt ist. Die Anregungen der Referenten und die Diskussionsbeiträge sind nun die Grundlage für die anstehende Weiterentwicklung der Position der grünen Bundestagsfraktion zum Thema.
[dieser Nachbericht ist auch auf der Seite der grünen Bundestagsfraktion abrufbar]
Titelbild: climatepartner/wikipedia CC-by-sa 3.0
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