Merkels Ankündigung, die Verhandlungen über neue EU-Abgasnormen weiter aufweichen zu wollen, ist ein enormer Rückschritt für den europäischen Klimaschutz und eine Ohrfeige für EU-Verhandlungsprozesse. Der vorgelegte Bericht des Weltklimarates zeigt, dass der Klimaschutz zur Priorität europäischer und internationaler Verhandlungen werden muss. Angesichts des steigenden Meeresspiegels und zunehmender Wetterextreme können wir uns klimapolitischen Stillstand nicht länger leisten. Doch Merkel fährt im deutschen Geländesportwagen in die entgegengesetzte Richtung: so will die einstige „Klimakanzlerin“ die geplanten Abgasnormen von 95g CO2 pro Kilometer für 2020 weiter ausbremsen und durch eine absurde Regelung für die komplette Flotte von Fahrzeugherstellern neu regeln. Damit verabschiedet sich die Bundeskanzlerin gänzlich vom Klimaschutz und macht sich zur Spitzenlobbyistin deutscher Hersteller von Luxuskarosserien.
Ich fordere Angela Merkel auf, sich an ihr eigenes Wahlprogramm zu halten. Dort heißt es, dass „Deutschland auch in Zukunft weltweiter Impulsgeber für einen wirksamen Klimaschutz“ sein soll. Merkels Agieren hinsichtlich der Abgasnormen für Premiummarken ist bisher nichts als organisierter Wahlbetrug. Jetzt gilt für Merkel das eigene Programm mit Leben zu füllen und sich von der schwarz-gelben Klientelpolitik zu lösen. Die Abgasnormen als Teil der EU-Klimastrategie setzt Innovations- und Wachstumsimpulse für eine CO2-neutrale Wirtschaft. Die Regierung darf beim Klimaschutz nicht länger auf der Bremse stehen, sondern muss auf europäischer Ebene Impulse für moderne und effiziente Mobilität geben. Bei den Verhandlungen um den CO2-Ausstoß geht es auch um die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Autohersteller. Deutsche Premiumhersteller sind gut beraten auf diesen Zug aufzuspringen bevor es zu spät ist.
Hintergrund:
Die Bundesregierung hat den Ministern des Europäischen Rates am vergangenen Freitag erneut empfohlen, die Richtwerte für den CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen von 2020 bis 2024 nicht auf 95g CO2 pro Kilometer zu senken und neu zu verhandeln. Derzeit versucht die Bundesregierung die Abgasnormen um 10 Prozent auf 104g CO2 pro Kilometer zu heben. Bereits im Juni hatten sich EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union über die neuen Abgasnormen für 2020 verständigt. Seither versucht die Bundesregierung diese Ziele zu schwächen. Sollte sich die Bundesregierung durchsetzen, können die Verhandlungen als gescheitert bewertet werden und es müsste vollständig neu zwischen Parlament und Ministerrat beraten werden.
Bild: © Andreas Dantz/flickr, CC-by 2.0
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