Zur heutigen Ablehnung des Antrags „Rückstellungen für Braunkohlefolgekosten sicherstellen“ im Ausschuss für Wirtschaft und Energie erklärt Annalena Baerbock, Abgeordnete aus Brandenburg und Sprecherin für Klimapolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Mit unserem heutigen Antrag wollten wir sicherstellen, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht auf den Kosten für die Rekultivierung der ehemaligen Braunkohletagebaue sitzen bleiben. Leider haben die Koalitionsfraktionen das abgelehnt. Dabei ist offensichtlich, dass die Braunkohleunternehmen zu wenig Geld bereithalten, um für die Nachsorgeverpflichtungen für alte Tagebaue zu zahlen. Wir fordern daher, das Bundesberggesetz dahingehend zu ändern, dass Sicherheitsleistungen gesetzlich verpflichtend geleistet werden müssen. Damit würden die Gelder aus den Unternehmen herausgeholt und gesichert – und zugleich aus dem Insolvenzrecht herausgelöst. Dass die Betreiberunternehmen selbst die Kostenschätzungen für die Rückstellungen vornehmen, erachtet die Große Koalition als unproblematisch. Dabei sind hier Interessenskonflikte mehr als offensichtlich. Doch auch von einer externen Kostenschätzung will sie nichts wissen. Mit dieser Logik dürften Autofahrer ihren Autos auch selbst den TÜV ausstellen.“
Die Diskussion des Antrags im Plenum findet in der 17. Kalenderwoche statt.
Hintergrund:
Im vergangenen Jahr haben die Abgeordneten aller Fraktionen das Pariser Klimaschutzabkommen im Deutschen Bundestag verabschiedet. Das bedeutet faktisch, dass Deutschland möglichst schnell aus der Verstromung von Kohle aussteigen muss – der mit Abstand klimaschädlichsten Art der Energieerzeugung. Doch mit dem Kohleausstieg ist noch lange nicht alles getan, denn die durch die Tagebauaktivitäten zerstörten Landschaften erfordern jahrzehntelange Nachsorgeaktivitäten. Gemäß dem Verursacherprinzip stehen dafür die betroffenen Kohleunternehmen in der Pflicht und müssen entsprechend dem Bundesberggesetz (BBergG) Rückstellungen bilden. Doch bislang sind gemäß § 56 (2) BBergG Sicherheitsleistungen nur als „Kann-Bestimmung“ vorgegeben. Das muss sich dringend ändern. Insbesondere der Verkauf von Vattenfalls Braunkohlesparte in der Lausitz an die tschechische Holding EPH bzw. das daraus neu gegründete Firmengeflecht unter dem Dach der LEAG hat einmal mehr deutlich gemacht, dass die Bildung von Rückstellungen gesetzlich verbindlich gemacht werden muss. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Betreiber Mittel bereithalten, damit nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Zweifelsfall auf den Kosten sitzen bleiben müssen.
Zugleich braucht es eine unabhängige Schätzung über die Höhe der anfallenden Kosten der Renaturierung der ehemaligen Braunkohletagebaue. Denn bislang sind hierfür die Betreiberunternehmer zuständig – und zwar ohne die Notwendigkeit, die Kalkulationen offenlegen zu müssen. Auch das müsste sich aus Grüner Sicht ändern.
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