Zu der heutigen Abstimmung des Deutschen Bundestages über das Asylpaket II erklärt Annalena Baerbock, Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Brandenburg:
„Die Bundesregierung schränkt Flüchtlingsrechte ein, um ihre eigenen integrationspolitischen Versäumnisse zu verschleiern. Die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz vor Folter und bewaffneten Konflikten gefunden haben, hat fatale Konsequenzen. Syrische Frauen und Kinder werden nun umso mehr auf marode Schlepperboote getrieben. Wenn sogar Eltern nicht zu unbegleiteten Minderjährigen nachziehen dürfen, offenbart das eine Politik, die christlichen und sozialen Parteien unwürdig sein sollte. Es ist unbegreiflich: Auch wenn der Lebensunterhalt der gesamten Familie durch Arbeit gesichert ist, soll der Familiennachzug für zwei Jahre ausgeschlossen sein. Schon heute ist der Nachzug von Kindern und Ehepartner aufgrund der extrem langen Wartezeiten in den deutschen Botschaften schwierig. So kamen bis zum 30. November 2015 gerade mal 117 minderjährige syrische Flüchtlinge auf Grund des Familiennachzuges nach Brandenburg.
Die erst vor kurzem auf ein halbwegs verfassungskonformes Niveau angehobenen Asylbewerberleistungen sollen nun pauschal für alle Leistungsempfänger gekürzt werden – egal ob tatsächlich ein Integrationskurs besucht wird oder nicht, egal ob jemand schon Deutsch kann oder als Säugling eindeutig zu jung für die Kursteilnahme ist. Das ist nicht nachvollziehbar. Wer Flüchtlingen die Werte der deutschen Gesellschaftsordnung vermitteln will, muss zunächst ausreichend Kursangebote schaffen. Bisher dürfen überhaupt nur Flüchtlinge aus fünf Ländern an den Integrationskursen teilnehmen. Selbst für diese stehen viel zu wenige Kurse zur Verfügung. So haben 60.000 Menschen einen Antrag auf einen Integrationskurs gestellt, aber nur 15.000 können derzeit einen belegen.
Die Behauptung, dass kranke und traumatisierte Menschen ihre Krankheit nur vortäuschen, um Abschiebungen zu verhindern, setzt die Ärzteschaft unter inakzeptablen Druck. Bei der Abschiebung darf die Gefährdung von Leben und Gesundheit niemals in Kauf genommen werden.“
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