Am 18.04.2015 war ich als Referentin zu Gast beim Kreisverband Dahme-Spreewald.
Nur wer mit dem Flugzeug einreist, kann in Deutschland Asyl beantragen. Wer auf dem See- oder Landweg kommt, muss in dem jeweiligen europäischen Einreiseland und damit an den Außengrenzen Europas Asyl beantragen, dadurch entsteht eine Schieflage. Wem Verfolgung und Gewalt oder Diskriminierung drohen, hat ein Recht auf Asyl; „Wirschaftsflüchtlinge“ werden aber nicht anerkannt, selbst wenn ihr Leben durch die Armut bedroht ist. Weitere Katastrophen im Mittelmehr können nur vermieden werden, wenn zusätzlich auch eine Möglichkeit zur legalen Zuwanderung geschaffen wird.
Aus der Perspektive der Verwaltung unseres Landkreises berichtete Marcel Drillisch (Koordinator für Asylangelegenheiten). Er gab einen Überblick auf die zu erwartenden Flüchtlingszahlen für den Landkreis, dabei war sein zentrales Thema die schwierige Akquise von dringend benötigten weiteren Objekten zur Flüchtlingsunterbringung. Der Landkreis ist auf die aktive Mitarbeit von Kommunen und Privatleuten angewiesen.
Viel Erfahrung mit der Situation vor Ort hat Rainer Spangenberg als Regionalreferent für Bildung und Integration für die Landkreise LDS und TF gesammelt. Seine Erfahrungen bestätigen, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen grundsätzlich wünschenswert und Sammelunterkünften vorzuziehen ist. Im Augenblick sei es aber nicht sinnvoll, auf Maximalforderungen zu bestehen. „Wir haben keine Antwort, wo die Menschen sonst unterkommen sollen.“
Die drei ReferentInnen beteiligten sich anschließend an einer ausführlichen Frage- und Diskussionsrunde. Zum Podium traten außerdem David Driese vom Mobilen Beratungsteam des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung sowie Vertreterinnen der Initiativen Pro Asyl Pätz und Bündnis Forum Mensch Luckau hinzu. Besonders begrüßt haben wir die Teilnahme von Mallach aus Kenia, der derzeit im Übergangswohnheim in Pätz wohnt.
Der thematische Schwerpunkt der Diskussionsrunde war die Frage, wie eine Willkommenskultur gelingen kann. Für Mallach steht dabei ganz oben, wie ihm die Leute begegnen. Er selbst musste vor akuter persönlicher Bedrohungen fliehen und wurde dann in Deutschland von manchen so behandelt, als wäre er selbst die Bedrohung. Das findet er schwer erträglich. Auch durch den Beitrag von Herrn Spangenberg wurde klar, wie wichtig die Qualität der alltäglichen Begegnungen ist. Jeder Einzelne hat es in der Hand das Gefühl zu vermitteln, dass die Menschen, die zu uns kommen, willkommen sind.
Entscheidend für eine Teilhabe an der Gesellschaft ist für Mallach ausreichender und guter Deutschunterricht von Anfang an. Denn wie für jeden anderen Mensch auch, ist es für Flüchtlinge entscheidend, sich einbringen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Es wurde deutlich, dass jede Möglichkeit genutzt werden sollte, um Teilhabe zu ermöglichen. Erprobte Beispiele sind lebendige Kontakte zu den Anwohnern,gegenseitige Hilfeleistung, Einbindung in Vereine und die Beteiligung an Projekten, wie z.B. einer Spielplatzsanierung. Nach der Erfahrung von Herrn Spangenberg hat sich eine Koordination der Hilfsangebote durch die Sozialarbeiter der Unterkünfte bewährt.
Bei den Anwohnern sind viele Gefühle im Spiel. Es gibt Ängste vor Krankheiten, Kriminalität oder einfach davor, dass das eigene Leben durch die Menschen, zu denen man keinen Bezug hat, aus den Fugen geraten könnte. Die Erfahrung zeigt, dass man diese Ängste ernst nehmen und ihnen durch Aufklärung begegnen muss. Jenseits dieser Ängste gibt es aber auch gelegentlich handfeste Ressentiments. In Pätz bestand die erste Aufgabe der Pro-Asyl-Initiative darin, den Druck von Rechts in Zaum zu halten. Die Initiative hat aber mit ihren Gesprächs- und Informationsangeboten alle Gutwilligen einzubinden vermocht und so die Stimmung im Ort zum Positiven gewendet.
Die vielfältigen Informationen und Erfahrungen der ReferentInnen und unserer GesprächspartnerInnen nehmen wir und sicherlich auch viele TeilnehmerInnen der Regionalkonferenz mit auf den Weg, um eine Willkommenskultur fördern und aktiv zu gestalten.
ein Bericht des Kreisverbandes Dahme-Spreewald
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